Grenzen in Deutschland – warum sie oft unschärfer sind, als man denkt
Grenzen in Deutschland – warum sie oft unschärfer sind, als man denkt
Deutschland gilt als Land der Ordnung, der klaren Zuständigkeiten und der akribisch gezogenen Linien. Doch wer glaubt, die Grenzen Deutschlands seien bis auf den letzten Meter genau festgelegt, wird überrascht sein: Zwischen Nordsee und Bodensee gibt es zahlreiche Abschnitte, die auf Karten meistens sauber verlaufen, juristisch aber alles andere als eindeutig sind.
Unerwartete Unschärfen an Deutschlands Grenzen
In den amtlichen Vermessungsdaten werden solche Abschnitte beispielsweise mit dem Hinweis „RDG 2 – rechtlich nicht festgelegte Grenze“ markiert. Das bedeutet: Es gibt keine einvernehmliche, völker- oder staatsvertragliche Festlegung, wo genau die Grenze verläuft. Die Linie auf der Karte ist also rein technisch – ein notwendiges Konstrukt für digitale Systeme, nicht für die juristische Realität.
Oder anders gesagt: Die Linie ist da, weil das System sie braucht – nicht, weil das Gesetz sie kennt.
Nord- und Ostsee – wo die deutsche Genauigkeit ins Schwimmen gerät
Ein anschauliches Beispiel liefert die Küste. 1994 wurde das deutsche Küstenmeer offiziell auf zwölf Seemeilen erweitert – doch an entscheidenden Stellen blieb offen, wie genau die seitliche Abgrenzung zu Dänemark oder den Niederlanden verlaufen soll. Im Bundesgesetzblatt steht bis heute lapidar: „Wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.“ Ein Zeitpunkt, der nie gekommen ist.
In der Ostsee ist die Lage ähnlich: Während die Grenze zu Polen vertraglich fixiert wurde, fehlt eine verbindliche Abgrenzung zu Dänemark. Wo also das Meer beginnt, endet manchmal die deutsche Genauigkeit.
Der Bodensee – klare Gewässer, unklare Zuständigkeiten
Noch kurioser ist die Situation am Bodensee. Hier treffen Deutschland, Österreich und die Schweiz aufeinander – und doch gibt es bis heute keinen Vertrag darüber, wem welche Wasserfläche gehört. Nur im sogenannten Konstanzer Trichter ist man sich einig; der Rest bleibt juristisches Niemandsland.
Die Grenzlinie, die auf Karten erscheint, ist fiktiv. Sie existiert, weil digitale Flächen eine geschlossene Umrandung brauchen – nicht, weil sich die Staaten geeinigt hätten.
Auch im Inland fließen Grenzen dahin
Selbst mitten in Deutschland sind manche Verwaltungsgrenzen erstaunlich unscharf. Beispiel Niedersachsen: Hier wird mit mehreren Nachbarländern über Wasserläufe und Grenzverläufe gestritten – etwa mit Bremen an der Wesermündung oder mit Sachsen-Anhalt an der Warmen Bode.
Ursache sind oft historische Katasterdaten, alte Besatzungszonen oder unklare Flussverläufe. In den amtlichen Hinweisen heißt es dann nüchtern: „In den VG-Produkten wird die Grenze in der Mitte der Elbe dargestellt.“ Ein Kompromiss auf dem Papier – nicht im Vertrag.
Luxemburg: Ein gemeinsames Gebiet ohne klare Zuständigkeit
An der Grenze zu Luxemburg existiert ein gemeinschaftliches Hoheitsgebiet, das weder einer Gemeinde noch einem Landkreis eindeutig zugeordnet ist. Es besitzt eigene Verwaltungsschlüssel, aber keinen eigentlichen Verwaltungsapparat – ein Ort zwischen den Welten, zwischen Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Luxemburg.
Die Vennbahn – Deutschlands Enklavenkarussell
Ein Sonderfall ist die Vennbahn bei Aachen – eine historische Bahnlinie, die im Vertrag von Versailles Belgien zugesprochen wurde, während das Umland deutsch blieb. Das Ergebnis: ein schmaler belgischer Streifen, der sich wie eine Schneise durch Deutschland zieht und fünf deutsche Exklaven hinterlässt.
Wer dort unterwegs ist, kann theoretisch von Deutschland nach Deutschland reisen, ohne Belgien zu verlassen – sofern man auf der stillgelegten Bahntrasse bleibt. Ein kartographisches Kuriosum, das zeigt: Selbst in einem Land der klaren Regeln kann die Realität mitunter ganz eigene Wege gehen.
Warum wir bei onmaps die Verwaltungsgebiet-Bundes-Datenbasis ändern
Genau diese Unschärfen sind der Grund, warum wir unsere Verwaltungsgebiete in onmaps neu aufstellen. Statt auf der bisherigen ATKIS-Basis setzen wir künftig auf eine halbwegs konsolidierte Bundesbasis.
Damit sorgen wir für:
- Einheitlichere Grenzen über alle Bundesländer hinweg - denn im alten Datensatz gab es sogar Lücken
- Saubere Abgrenzungen auch in bisher strittigen Regionen
So schaffen wir die Grundlage für konsistentere, nachvollziehbarere Geodaten – von der Nordsee bis zum Bodensee.
Fazit
Grenzen sind in Deutschland nicht immer so eindeutig, wie man denkt – weder juristisch noch kartographisch. Mit der neuen, bundesweit harmonisierten Datenbasis sorgt onmaps für Klarheit, einheitliche Strukturen und präzise Geodaten für Verwaltung, Planung und Wirtschaft.
Denn: Wo andere nur Linien ziehen, schaffen wir Verlässlichkeit und Orientierung.
Quellen
Siehe einzelne Abschnitte.